96 – VfB Stuttgart 1:0

Im Duell der designierten Aufsteiger kann sich 96 trotz eines relativ deutlichen Chancenplus‘ nur knapp, aber leistungsgerecht durchsetzen.

VfB-Offensivspiel leidet unter eigener Ausrichtung und Prib

96 kam im ersten Durchgang nicht nur zu einem Vorsprung gegenüber dem VfB in Sachen Abschlüsse und Schüsse aufs Tor (wenngleich einzig das späte 1:0 einen Schuss aufs Tor von innerhalb des Strafraums darstellte; alle anderen einigermaßen gefährlichen Versuche bestanden in Weitschüssen und schönten dementsprechend zwar die Statistik zu Gunsten Hannovers, waren aber nicht unbedingt gleichermaßen gefährlich), sondern konnte sich mit einem vor allem in der Mittelphase der ersten Dreiviertelstunde sehr griffigen und stimmigen Pressing auch allgemeine Überlegenheit erarbeiten. Abgesehen von der fortgesetzten Neigung, punktuell oder phasenweise auch ins Angriffspressing zu gehen, trugen vor allem Edgar Pribs und Waldemar Antons kluge Absicherungspositionen dazu bei, den Mitspielern weiteres Herausrücken zu ermöglichen und den Druck auf den VfB-Spielaufbau konstant hochzuhalten. So gingen dann sogar die 96-Außenverteidiger ein ums andere Mal nahe der Mittellinie in direkte Duelle, wo sie sich in dieser Hinsicht in den bisherigen Spielen seit Breitenreiters Amtsübernahme eher zurückgehalten hatten.

Die Auswirkungen und Varianten dieses irgendwo zwischen taktischer Anpassung an den Gegner und guter Tagesform ohnehin für solche Rollen passender Akteure pendelnden 96-Pressings auf das Spiel und eine inhaltlich eigentlich ausreichende Analyse des gesamten Spiels wurden von vfbtaktisch bereits sehr gut vorgelegt.

Als kleine Ergänzung lässt sich zur im Halbzeitverlauf etwas schwankenden, aber insgesamt doch robusten 96-Überlegenheit noch konkretisieren, dass die Stuttgarter auch deshalb zu wenig Offensivpräsenz entwickelten, weil ihre Ballzirkulation zwar ruhig und besonnen ablief, die Spielerrollen in ihrem System aber sehr vorsichtig angelegt waren. Der VfB suchte daher nicht nur kaum Risiken, sondern provozierte auch wenig Potenziale. Im Aufbau hielt neben dem tief positionierten Rechtsverteidiger Pavard mindestens einer der beiden Sechser die unmittelbare Nähe zur Abwehr, während sich Gentner auch insgesamt untypisch zurückhielt und weniger Läufe in die Spitze zeigte. Stattdessen steuerte der VfB mit dem Ball oft die Flügel an, um sich im Schutz der Außenlinie festzusetzen und mit kurzen Passwegen vorzuspielen. Dazu ließ sich der ohnehin nicht unbedingt durchschlagskräftige Rechtsaußen Klein einige Male zurückfallen und konservierte mit seinen Ablagen nach innen auf Gentner oder den auf beiden Seiten unterstützenden Maxim den Ballbesitz eher, als das Angriffsspiel zu beleben. Auf der linken Seite, wo mit dem in den Halbraum einrückenden Insúa und dem guten Dribbler Brekalo potenziell mehr Unterstützung für Maxim bereit stand, wurde die Wolf-Elf andererseits meistens von Anton und dem durch Pribs weites Herüberrücken sehr engen 96-Mittelfeld vom Anspiel in die torgefährlichen Räume abgehalten. Die Verlagerung auf die folglich ziemlich freie rechte Seite kam einerseits etwas zu selten, konnte andererseits wegen des bedächtigen Aufrückens von Pavard und der eher absichernden Spielweise von Klein aber auch nicht viel Schwung in die Tiefe bringen. Da das Aufrücken über die Flügel also weitgehend folgenlos blieb, mussten lange Bälle oder steile Flachpässe auf Terodde mit Ablagen auf Maxim für Druck auf Hannovers Abwehr sorgen. Zwar zeigten sich die entsprechenden Abläufe wie so häufig solide einstudiert und sorgten in Kombination mit dem breit angelegten Ballbesitzspiel für eine bessere Nutzung des Raumes als auf Seiten Hannovers, fanden aber wegen der vorsichtigen Sechserrollen nicht genug Folgeunterstützung und verendeten im Mittelfeld.

Hannover spielt auf Durchbrüche und zweite Bälle

Hannover baute seinerseits gegen das ähnlich zwischen Mittelfeld- und Angriffspressing pendelnde Stuttgarter Pressing zunächst in der vorsichtigeren Variante mit den tieferen Außenverteidigern und beiden Sechsern im Mittelfeld auf. Mit Anspielen auf die Flügel oder langen Bällen auf Füllkrug und anschließenden Druck auf die zweiten Bälle mit den engeren Flügelspielern und dem zurückfallenden Harnik oder Verlängerungen suchte Hannover häufiger als der VfB den Weg in die Tiefe. Vor allem über die linke Seite konnte 96 den Ball wie gewohnt in der gegnerischen Hälfte festmachen und sich von dort dem Strafraum annähern. Durch Harniks erneut sehr fleißige Unterstützung der Defensivspieler und Pribs zahlreiche wichtige Aktionen zentral vor dem eigenen Strafraum fielen Konter als Quelle von Offensivgefahr weg, wären gegen den immer gut abgesicherten VfB aber auch keine allzu vielversprechende Option gewesen. Gegen Ende des ersten Durchgangs kippte dann zunehmend Anton im Aufbau ab und gab mindestens Albornoz und auch Bakalorz mehr Freiheiten nach vorne, was wegen Kleins disziplinierten Zurückfallens und auch Maxims tieferer Position aber nicht viel mehr Schwung oder Optionen für das Angriffsspiel brachte. Ein wenig sank allerdings die Stabilität Hannovers durch die etwas offenere Staffelung im Mittelfeld, doch zwei schlechte Entscheidungen beim Ausspielen der Konter durch den VfB und Antons Ruhe beim Auflösen eigentlich brenzliger Aufbausituationen im Mittelfeld ließen die Gäste davon nicht profitieren.

Stuttgarter Umstellung hilft nicht

Mit der Einwechslung Ginczeks und der Umstellung auf ein 4-4-2 gewann der VfB zwar etwas Offensivpräsenz und auch Qualität vor dem Strafraum, beraubte sich durch Maxims Rochade auf den Flügel aber auch einer wichtigen Stütze der ja ohnehin nur zaghaften Kombinationsansätze im Angriffsspiel. Die angedeuteten Linksüberladungen fielen mit der neuen Formation weg, womit auch die Möglichkeit zur Verlagerung nicht nur praktisch kaum noch Wirkung entfalten konnte. Da sich Hannover etwas mehr zurückfallen ließ oder von Stuttgart trotz noch weniger Verbindungen innerhalb der Formation zunehmend nach hinten gedrängt wurde, kam der VfB zwar zu mehr Abschlüssen als in der ersten Halbzeit, musste aber auch spätestens in der Schlussphase und mit den ballsicheren Schmiedebach und Karaman auf Seiten Hannovers zwei, drei gefährliche Konter überstehen. Hannovers zunehmend zum 4-1-4-1 tendierende Pressingformation und der für beide Seiten hilfreiche Spielverlauf in Bielefeld genügten dann auch, um die zaghafte Schlussoffensive der Stuttgarter auszubremsen und den hoffentlich letzten Zweitligaheimsieg für 96 ins Ziel zu bringen.

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