niemalsallein-Scouting – Miiko Albornoz

96 spielt nächste Saison mit einem neuen Trainer (?) und vermutlich stark verändertem Kader in der zweiten Liga. Für die Noch-Konkurrenz in der Bundesliga bietet sich also die Möglichkeit, bekannte und ligaerfahrene Akteure für vergleichsweise geringe Summen zu verpflichten. Diese Spieler müssen sich nicht mehr an das Niveau der Liga oder die neue Umgebung gewöhnen, die Konkursmasse aus dem 96-Abstieg muss also „nur“ noch danach ausgewertet werden, ob ein bestimmter Spieler das jeweils passende taktische Profil des suchenden Vereins erfüllt. Da wir uns einreden, uns ein bisschen mit den 96-Spielern auszukennen, können wir das auch gleich selbst übernehmen. Unsere Kompensation für ungefähr 25 grausame 96-Spiele seit April 2015: Wir scouten ein paar 96-Spieler für andere Fußballvereine. Wäre doch schade, wenn unsere Favoriten ins Ausland gehen würden/müssten.

Wer?

Zum Jahresbeginn 2008 wurde Miiko Martín Albornoz Inola aus der Jugendabteilung des schwedischen Erstligisten IF Brommapojkarna in die erste Mannschaft befördert. Nach dem Abstieg des Vorstadtvereins gab der gebürtige Stockholmer, Sohn einer Finnin und eines Chilenen, in der zweiten schwedischen Liga sein Debüt im Profifußball. Es folgten der direkte Wiederaufstieg und zwei weitere Erstligajahre mit Albornoz als Stammspieler. In dieser Zeit wurde Albornoz auch regelmäßig in die schwedischen Nachwuchsnationalmannschaften berufen. Trotzdem begleitete der Linksfuß seine Mannschaft nach dem erneuten Abstieg zunächst in die zweite Liga, ehe ihn 2011 während der laufenden Spielzeit der Spitzenclub aus Malmö verpflichtete. Schon in seinem zweiten Jahr im neuen Verein konnte er sich durchsetzen und den Platz in der Startelf sichern – wohlgemerkt überwiegend als Rechtsverteidiger.

Als er in seinen starken Leistungen mit vereinzelten Torbeteiligungen in den folgenden zwei Jahren nicht nachzulassen schien, geriet Albornoz sowohl ins Blickfeld der schwedischen, als auch der chilenischen A-Nationalmannschaft. Daran änderte auch eine mehrmonatige Zwangspause im Jahr 2013 nichts, die er aus wenig angenehmen privaten Gründen einlegen musste. Nachdem er Ende des Vorjahres für drei Tage im Gefängnis saß, wurde er im Frühjahr zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Nach dem Ende seiner Pause kehrte er für Malmö FF auf den Platz zurück und entschied sich darüber hinaus wegen der Aussichten auf eine WM-Teilnahme für den chilenischen Fußballverband. Er lernte Spanisch und kam unter Trainer Jorge Sampaoli im Januar 2014 zu seinem Länderspieldebüt. Sein Einstand als Linksverteidiger verlief äußerst positiv: Bereits nach 14 Minuten des Freundschaftsspiels gegen Costa Rica gelang ihm mit einem schönen Dropkick aus der Drehung sein erster Treffer im Nationaldress. Auch in der wenig später beginnenden Erstligasaison in Schweden wusste er weiterhin zu überzeugen, sodass ihn Sampaoli in sein WM-Aufgebot berief.

Nach dem Turnier in Brasilien, bei dem er ohne Einsatz blieb, folgte mit dem Wechsel zu Hannover 96 der nächste Karriereschritt. Trotz verkürzter Saisonvorbereitung wurde Albornoz sofort zum Stammspieler und überzeugte vor allem bei seinen ersten Auftritten in der höchsten deutschen Spielklasse mit Dynamik und Offensivkraft. Nach einer Achillessehnenverletzung, die der zu diesem Zeitpunkt ungeplanten hohen Belastung geschuldet war, hatte er allerdings Probleme seine Form wiederzufinden. Richtige Konstanz in der Leistung wollte sich zunächst nicht mehr einstellen, was an seinem Stammplatz links in der Viererkette aber nichts änderte.

Die Leistungen stabilisierten sich wieder auf etwas geringerem Niveau, und er wurde auch weiterhin regelmäßig für die Spiele der chilenischen Auswahl nominiert. Im Anschluss an seine erste Bundesliga-Saison nahm er im Sommer 2015 an der Copa America teil. Sein zweites großes internationales Turnier endete siegreich; bei Chiles Triumph im eigenen Land kam Albornoz zu zwei Startelfeinsätzen. Die erneut suboptimale Saisonvorbereitung im Anschluss wirkte sich auch in diesem Jahr nicht vorteilhaft auf seinen Formaufbau aus. In der Spielzeit 2015/2016 stand er zwar zunächst weiterhin beständig als Linksverteidiger in der Startelf, aber mit zunehmender Dauer der Saison auch immer mehr in der Kritik. Seit dem jüngsten Trainerwechsel bei 96 hat sich sein Stand stark verschlechtert. Albornoz pendelte zwischenzeitlich zwischen Startelf und Tribüne und fand sich öfter auf der Ersatzbank wieder. Die bis dahin nicht ohne Brüche, aber insgesamt dennoch steil nach oben verlaufene Karriere scheint einen weiteren Abschwung aufzuweisen.

GI_MiikoAlbornoz

Karriereverlauf an Hand des Goalimpact: Zu Beginn entweder vom Algorithmus überschätzt oder mit schlechterer Entwicklung als erwartet (blassrote Linie; mögliche Ursache: suboptimale dauerhafte Aufstellung als Rechtsverteidiger?), kurz vor und mit dem Wechsel zu 96 aber wieder Reaktivierung des Potenzials, die sich auch trotz schwankender Form und Nichtberücksichtigung fortsetzt. Der Bundesliga-Durchschnitt liegt weiterhin bei ca. 100. (Der Ausschlag am Ende der Kurve ist ein Modell-Fehler und kann ignoriert werden.)

Was?

Miiko Albornoz ist ein technisch extrem versierter, spielstarker und flexibler Fußballer, der nicht auf eine bestimmte Position festgelegt ist. Wie bereits erwähnt spielte der Linksfuß bei Malmö FF überwiegend als Rechtsverteidiger in einer Viererkette und wurde von Hannover 96 auch wegen seiner Ausbildung ausdrücklich als Linksverteidiger verpflichtet, verbrachte sein Debüt aber im linken Mittelfeld. In der Nationalmannschaft unter Sampaoli bekleidete Albornoz zudem bereits beide Halbverteidigerpositionen in Chiles 3-4-2-1/3-1-4-2-System. Einige Eigenschaften lassen sich positionsunabhängig beobachten und verdienen eine nähere Betrachtung.

Technische Klasse, Aufbaustärke und Konstruktivität

Als Rechtsverteidiger in Malmö zeigte er wegen seines „natürlicheren“ linken Fußes einen stärkeren Drang in Richtung des Zentrums und interpretierte die Position etwas diagonaler. Mit seiner sehr linkslastigen Ballführung schränkte er sich zwar ein bisschen in seinem Bewegungsspiel ein, konnte damit aber auch die größeren Freiräume in der schwedischen Liga gut bespielen. Grundsätzlich besticht er auf beiden Seiten des Platzes mit einem technisch sehr sauberen und überwiegend gut gewichteten flachen Passspiel und ist dabei nahezu beidfüßig. Sein Aufbauspiel ist sehr zuverlässig, aber natürlich abhängig von der mannschaftlichen Struktur um ihn herum. Während er in der aktuellen Saison bei Hannover 96 auf eine Passquote von durchschnittlich 73 % kommt, erzielte er beispielsweise bei seinen Einsätzen in der chilenischen Nationalmannschaft in einem viel besser strukturierten Ballbesitzspiel höhere Werte. Dennoch kann er auch in dieser Saison puntuell mit seinem guten Passspiel und seiner Spielstärke überzeugen: Mit durchschnittlich 1,2 Schlüsselpässen pro Spiel liegt er mannschaftsintern auf dem vierten Platz der Torschussvorbereitungen und damit weit vor allen anderen 96-Außenverteidigern.

Auch quantitativ zeigt sich in den statistischen Werten ein großer Unterschied zwischen dem aktuellen 96 und dem Sampaoli-Chile: Während Albornoz in diesem Jahr im Verein zu rund 33 Pässen pro Spiel ansetzt, weist die Bilanz aus seinem Startelf-Einsatz als linker Halbverteidiger gegen Mexiko bei der letztjährigen Copa America eine fast doppelt so große Anzahl an Abspielen auf (auch mit wie erwähnt besserer Quote). Zwar ist ein Spiel als statistische Grundlage nicht aussagekräftig, dient aber als gutes Argument für Sampaolis durchaus hohe Meinung von Albornoz als Aufbauspieler, die sich nicht nur mit der sehr guten Ballverarbeitung und Passtechnik des 25-Jährigen erklären lässt. Grundsätzlich ist er auch gedankenschnell genug, um zentrale Freiräume und anspielbare Mitspieler von der Außenposition aus zu erreichen. Seine gute Ballbehandlung erlaubt es ihm, das Spiel zu verzögern und auf günstigere Abspielmomente im Spielaufbau zu warten. Wenn er von anlaufenden Gegnern unter Druck gesetzt wird, kann er sich mit kleinen Finten und flüssigen Bewegungen sehr gut in Freiräume lösen, um von dort das Spiel weiterzutragen. Es stechen in seinem Spiel oft eher solche kleinen Szenen heraus, in denen Albornoz seine spielerischen Stärken zeigen kann und schwierige Situationen auf dem Platz konstruktiv und technisch hochwertig auflöst.

Offensive Ausrichtung und Stärke

Der 25-Jährige erfüllt allerdings nicht das oft vorherrschende Wunschprofil des linearen Flügelsprinters auf der Außenverteidigerposition. Zwar ist er offensiv ausgerichtet und schnell, aber sein Angriffsstil ist nicht von Durchbrüchen bis zur gegnerischen Grundlinie geprägt. Seine hohen Hereingaben stechen wegen ihrer Präzision und der flachen Flugkurve fast schon aus der grauen Masse der Flanken heraus. Doch in vielen Fällen greift Albornoz gar nicht darauf zurück, sondern sucht die spielerische und konstruktivere Lösung. Albornoz‘ größte Offensivwaffen sind ohnehin seine Dribblingfähigkeit und die vielfältigen Tricks, die er am besten in engen Räumen einsetzen kann. Obwohl er über gute physische Voraussetzungen verfügt, fühlt er sich bei offenen Angriffsszenen und in weiträumigen Offensivstrukturen nicht unbedingt wohl. Seine Beteiligung am Vorwärtsgang ist deshalb manchmal etwas zu zurückhaltend und sein Nachrücken eher abwartend. Am effektivsten wird er, wenn er sich in Überladungen einbringen und an kleinräumigen Kombinationen in der gegnerischen Hälfte beteiligen kann.

Wenn die Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind, versucht er sie zu schaffen: Albornoz‘ Dribblings und Tricks sind sehr funktional angelegt und dienen eigentlich immer der Absicht, sich in eine Position zum Kombinieren und spielerischen Befreien mit seinen Mitspielern zu bringen. Der klassische Übersteiger gehört dabei übrigens fast nie zu seinem technischen Repertoire in der Ballführung. Stattdessen arbeitet er mit vielen Körpertäuschungen und der Fußsohle, um enge Szenen spielerisch aufzulösen. Vor allem seine technischen Reaktionen und improvisierten Lösungen für unsaubere Ballannahmen oder gegnerische Abpraller auf engem Raum sind sehr stark. Diese verspielt wirkende, aber eigentlich rationale kombinationssuchende Art dient im Gegensatz zu den Dribblings manch anderer Spieler praktisch nie dem Selbstzweck oder der Show. Dieses elegant-spontane und lösungsorientierte Spiel erfährt dadurch einen selten gewordenen Straßenfußballer-Charakter.

Aktives Verteidigen und Schwächen in der Passivität

Auch im Spiel gegen den Ball wird seine grundsätzliche offensive Natur deutlich. Albornoz rückt oft sehr frühzeitig aus seiner Grundposition auf den angespielten Gegner heraus und will ihn weit im Feld bei der Ballannahme stören. Auch im Gegenpressing ist er um frühen und direkten Zugriff bemüht, wenn es seine Position erlaubt. Dabei verfährt er in der Regel sehr energisch und geht manchmal etwas zu direkt auf den Ballgewinn, was mitunter in etwas ungestümen Foulspielen endet. Der richtige Zeitpunkt des Herausrückens ist dabei entscheidend und trotz einer ordentlichen Antizipationsgabe ist nicht jede seiner Pressing-Aktionen erfolgreich. Mitunter rückt er zu spät heraus oder will den Gegner stellen, obwohl der sich schon in Richtung des Tores drehen konnte. Dann kommt er nicht schnell genug aus der Aktion heraus und kann relativ leicht ausgespielt werden. Dennoch schlägt sich sein prinzipiell aggressives Pressingverhalten insgesamt in ordentlichen bis guten Zahlen nieder: In der aktuellen Saison konnte er seine statistischen Werte im Vergleich zum Vorjahr sogar etwas steigern und kommt auf durchschnittlich 2,4 Tacklings und 2,2 Interceptions (abgefangene Pässe) pro Spiel. Damit liegt er mannschaftsintern auf dem jeweils dritten Platz, was für einen Außenverteidiger eine gute Bilanz ist.

Diese in ihrer Effektivität etwas schwankende, aber grundsätzlich aggressive Spielweise greift jedoch nur in aktiven Phasen des mannschaftlichen Pressings. Wenn sich Albornoz im Defensivverbund weiter zurückziehen und abwarten muss, sind je nach Form ein paar Schwächen im Spiel gegen den Ball zu beobachten. Seine Endverteidigung wird von einer etwas unklaren Orientierung und einem eher unsicheren Stellungsspiel unterwandert. Er findet in manchen Szenen keine gute Mischung aus Raum- und Mannorientierung und greift im Zweikampf etwas zu ungestüm und plötzlich auf seine direkten Gegenspieler zu. Aber auch wenn er ausgespielt zu werden droht, kann er den Ball hin und wieder mit improvisierter Zweikampftechnik gewinnen oder den Gegenspieler zumindest aufhalten.

Warum?

Miiko Albornoz konnte in den letzten drei Jahren in unterschiedlichen Mannschaften auf unterschiedlichen Niveaus und vor allem auf unterschiedlichen Positionen sein großes spielerisches und technisches Potenzial unter Beweis stellen. Mit seiner Aufbaustärke, seiner Suche nach spielerischen Lösungen unter Druck und dem nicht-stumpfen Offensivdrang verkörpert er einen Spielertyp, der auf der Außenverteidigerposition in der Bundesliga eher selten zu sehen ist. Dass diese Spielweise vor allem in der Hinrunde der aktuellen Saison bei 96 praktisch gar nicht gefragt war, ist schon ein großer Teil der Begründung für Albornoz‘ einerseits schwächere Leistungen und dementsprechend andererseits für die überbordende Kritik an seinen Darbietungen. Mit der sehr gestreckten Formation im Ballbesitz, der kaum vorhandenen Präsenz im Zentrum und den linearen Flügelangriffsmustern waren nahezu alle Möglichkeiten zerstört, den 25-Jährigen seinem Spielstil und den Stärken entsprechend gut einzubinden. In dem sehr zurückhaltend angelegten und gruppentaktisch über weite Strecken sehr schlecht ausgeführten Pressing gab es für ihn kaum Möglichkeiten, seine mutigen Ausflüge einzubringen. Stattdessen war 96 oft in der letzten Defensivlinie gefordert, wo dann fast zwangsläufig eher seine Defizite zum Vorschein kamen (die haben übrigens deutlich mehr Defensivspieler, als man vielleicht denken würde).

Es ist andererseits auch sehr aussagekräftig, wenn ein aus taktischer Sicht gewissermaßen extremer Trainer wie Jorge Sampaoli Albornoz von der chilenischen Nationalmannschaft überzeugt, ihn in den WM-Kader beruft, auch trotz schwacher Form weiterhin in den Kader aufnimmt und ihm bei einem Heimturnier zwei Mal das Vertrauen in der Startelf schenkt. Die in der lokalen Presse einmal angedeutete Verwunderung über Albornoz als „Lieblingsspieler von Chile-Trainer Sampaoli“ ist in Wirklichkeit ein Lob für den Spieler, wenn man sich Sampaolis hohe Ansprüche und sein progressives Konzept vor Augen führt (das er leider mittlerweile nicht mehr im chilenischen Verband einbringt). Was der argentinische Trainer wiederum in Albornoz sieht, wird auch dadurch deutlich, dass er den 25-Jährigen nie als Flügelverteidiger in der Fünferkette aufgeboten hat, sondern ihm in Spielen mit der Dreierkette Positionen mit wichtigen Funktionen im Aufbau zuwies.

Darüber hinaus spielen aber natürlich auch nicht-taktische Gründe eine Rolle beim Zustandekommen der Leistung des Einzelspielers. Albornoz hat schon teilweise seit dem Ende der letzten Saison mit der Konstanz und der Form zu kämpfen. Auf der Suche nach den Gründen dafür gibt es aber eine vielversprechende Hypothese, die gleichzeitig ein starkes Argument für einen Transfer trotz zuletzt unglücklicher Auftritte darstellt: Seit dem Jahr 2013 konnte der finnisch-schwedische Chilene keine komplette Saisonvorbereitung in seinem Verein mitmachen, weil er erst bei der Weltmeisterschaft in Brasilien und ein Jahr später bei der Copa America weilte. Ohne die für den Formaufbau wichtige Sommervorbereitung und vor allem ohne wirkliche Pause musste Albornoz seit dem März 2013 quasi durchspielen. In diesen Zeitraum fällt mit dem Wechsel aus Malmö nach Hannover auch die Umstellung auf einen anderen Saisonrhythmus, weil der schwedische Spielplan die Partien von Frühling bis Herbst ohne Pause verteilt. Albornoz musste sich also seit seinem Wechsel zu 96 ohne richtige Vorbereitung an einen neuen Belastungsmodus anpassen.

Dass die Leistung unter solch schwierigen Umständen fast zwangsläufig leiden muss, sollte nicht überraschen. Nach dieser Saison steht für ihn allerdings zum ersten Mal kein Turnier an. Wenn zu seinen sehr guten und interessanten Anlagen jetzt also eine längere Vorbereitung kommen kann, ist eine Leistungssteigerung ziemlich wahrscheinlich (wobei er statistisch gesehen sogar schon in dieser Spielzeit besser als letztes Jahr abschneidet – mit unserem subjektiven Eindruck deckt sich das aus genannten Gründen auch nicht). Die zuletzt schwachen Auftritte und der 96-Abstieg führen jedenfalls dazu, dass Albornoz wohl für eine eher geringe Ablösesumme zu haben sein wird und bei einigen Wettbewerbern aktuell etwas unterbewertet ist. Wenn man der Hypothese Glauben schenkt, wonach sich seine Form zur neuen Saison deutlich steigern lässt, besteht also die Chance auf ein Transfer-Schnäppchen.

Schnittmengen im Profil

Aber neben der wirtschaftlichen Seite müssen mögliche Transfers natürlich mit ihrem taktischen Profil in die strategische Ausrichtung des aufnehmenden Vereins passen. Im Fall von Miiko Albornoz mit seinen vorgestellten Eigenschaften wäre das also kurz gesagt eine Mannschaft, die quasi gegensätzlich zum Hinrunden-96 ausgerichtet ist. Albornoz kann einer Mannschaft weiterhelfen, die im Pressing aktiv eingestellt ist, die nach vorne verteidigen soll, die Wert auf aggressives Gegenpressing nach Ballverlusten legt und möglichst nicht allzu viel am eigenen Strafraum verteidigen möchte. Albornoz bringt Fähigkeiten mit, mit denen er sich im Ballbesitz an einem technisch anspruchsvollen, schnellen Flachpassspiel beteiligen kann. Albornoz kann einer Mannschaft weiterhelfen, die im Angriff Wert auf Kombinationen und Dribblings legt und eine flache Spielauslösung bevorzugt. Außerdem wäre die Festlegung auf eine bestimmte Position für den Chilenen gewissermaßen eine Verschwendung von Ressourcen: Albornoz kann in der Kaderplanung mehrere Positionen abdecken, wenn der Einsatz von Dreier- und Fünferkettensystemen absehbar ist.

Während Albornoz also einen Verein mit technisch anspruchsvollem Spiel und mutigem Verteidigen braucht, kann eine aggressiv pressende Mannschaft mit kombinatorisch angelegten Außenverteidiger-Rollen und hohen Ansprüchen im Spielaufbau von Albornoz und seiner Vielseitigkeit profitieren. Idealerweise ist dieser Verein auf den Außenverteidigerpositionen ohnehin nicht überbesetzt. Er würde sich mit einem jungen, bundesligaerfahrenen Spieler für diese Kaderplätze noch verbessern und könnte wegen möglicher Dreier-/Fünferkettensysteme einen anderen Spielertypen für die Halbverteidiger-Rollen ebenso gut vertragen. Diese Mannschaft würde dementsprechend wohl von einem Trainer angeleitet, der sich für mehr interessiert als „Wir müssen mit Leidenschaft dagegenhalten und alles auf dem Platz lassen“, wie es auch die beiden letzten Trainer taten, die sich bewusst für eine Verpflichtung oder Berufung von Albornoz entschieden.

(…Abgleich läuft…bitte warten…Abgleich läuft…bitte warten…)

Miiko Albornoz und die TSG Hoffenheim unter Julian Nagelsmann – it’s a match.

Scoutingkarte_Albornoz

Aussagekräftiges Anschauungsmaterial:

Rechtsverteidiger: Malmö FF – IFK Göteborg, 25.08.2013 (Allsvenskan; Zusammenschnitt hier)

Rechtsverteidiger: Helsingborgs IF – Malmö FF, 25.09.2013 (Allsvenskan; Zusammenschnitt hier)

Linkes offensives Mittelfeld: Hannover 96 – FC Schalke 04, 23.08.2014 (Bundesliga)

Linksverteidiger: Hannover 96 – Hamburger SV, 14.09.2014 (Bundesliga)

Linksverteidiger: Hannover 96 – VfB Stuttgart, 28.02.2015 (Bundesliga)

Rechter Halbverteidiger: Chile – Brasilien, 29.03.2015 (internationales Testspiel)

Linker Halbverteidiger: Chile – Mexiko, 16.06.2015 (Gruppenphase Copa America; komplettes Spiel hier)

Linksverteidiger: Borussia Mönchengladbach – Hannover 96, 21.11.2015 (Bundesliga)

 

(Der Text wartete seit drei Wochen auf seine Veröffentlichung und enthält dementsprechend keine Überlegungen zu Albornoz‘ Einsatzchancen oder Leistungen unter Daniel Stendel. Außerdem hat er nach seinem Spiel gegen Mönchengladbach auch 47 Einsätze in der Bundesliga, nicht mehr wie in der Profilübersicht angegeben 46.)

5 Kommentare

  • JaboIbehre sagt:

    Großartig ausführliches Spielerprofil und eine spannende neue Rubrik!

    Ich hatte mich seinerzeit gewundert, Albornoz bei Chile in der 3er-Abwehr zu sehen und zunächst einen Übermittlungsfehler bei der Aufstellung vermutet, aber mein oberflächliches Verständnis für die Rolle des Spielers, das zu dieser Einschätzung führte, ist nun beseitigt. 🙂

    Stichwort Scouting: Denkt ihr tatsächlich, dass Albornoz sicher wechseln wird bzw. stark umworben sein wird? Ich bin gespannt; immerhin kann 96 den Preis ein Stück weit diktieren und muss ihn nicht abgeben (entsprechende Trainerwahl vorausgesetzt).

    (Ganz kleine Anmerkung noch: Im einleitenden Text auf der Startseite fehlt ein „wir“.)

    • Jaime sagt:

      Danke.
      Besonders viel Vertrauen und Wertschätzung erfährt er hier ja nicht mehr, insofern gehe ich schon davon aus, dass man ihn recht widerstandslos gehen lassen würde. Andererseits glaube ich aber auch nicht, dass die Interessenten Schlange stehen. In der Bundesliga gibt es eher wenige spielstarke Außenverteidiger (Verhaegh, Insua, G. Sakai), man scheint also eher auf simple Typen und geradlinige Spieler zu setzen. Aber vielleicht kriegt Sampaoli ja noch einen neuen Verein und holt Albornoz dann zu sich ;).

      • JaboIbehre sagt:

        Wer weiß, vielleicht entscheidet man sich ja bei 96 am Ende doch für einen Trainer, der seine Mannschaft gern mit Ball Fußball spielen sieht. Sprach Sampaoli nicht sogar deutsch…?! 😉

      • Jaime sagt:

        Also bevor Sampaoli in der stock-konservativen Bundesliga einen Verein übernehmen darf, werde ich Videoanalyst bei den Bayern.
        Diesen Illusionen sollte man sich nicht hingeben.
        Und was die besagte Trainerhoffnung angeht bin ich fast geneigt das gleiche zu sagen ;).

      • JaboIbehre sagt:

        …Ich auch. Mit jedem Tag mehr. Breitenreiter…

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