96 – 1. FC Köln 0:2

Mal wieder ein „Sechspunktespiel“ für 96, dieses Mal gegen die Kölner, die zuletzt deutlich mehr mit taktischer Variabilität als mit guten Ergebnissen zu überzeugen wussten.

Träger Passrhythmus gegen große Effektivität

Nach der zuletzt vorherrschenden Passivität gegen den Ball störte Hannover den Gegner in dieser Begegnung vor allem zu Beginn der ersten Halbzeit sehr viel höher. Die 4-4-1-1-Formation stand nicht nur insgesamt einige Meter weiter in der gegnerischen Hälfte, sondern rückte bei Rückpässen mitunter bis auf Torwart Horn oder die Kölner Innenverteidiger auf. Mit dem wie üblich auf Zugriff ausgerichteten Schmiedebach entstanden dann 4-1-3-2-Staffelungen, die auch griffiger und aktiver interpretiert wurden als zuletzt. Köln musste unter Druck über die Flügel aufbauen und wurde dort von den aufrückenden 96-Außenverteidigern und den Sechsern schnell ausgebremst. Mit langen Bällen suchten sie aus der ersten Reihe ihren Zielspieler Modeste, um mit den Ablagen oder den zweiten Bällen über Bittencourt und den von der linken Seite einrückenden Gerhardt vor das Tor zu kommen. Wenn sich die Kölner befreien konnten, rückte Hector ins Mittelfeld auf und die verbliebenen Abwehrspieler formten sich zur Aufbau-Dreierreihe um. Indem sich Bittencourt und Gerhardt in den Angriff orientierten, entstand eine 3-4-3-Aufbaustruktur, mit der spielerische Lösungen zum Tor ermöglicht werden sollten. Das gelang aber zu Beginn kaum, Hannover gewann die Spielkontrolle und kam seinerseits zu ersten Abschlüssen.

Köln presste ebenfalls im 4-4-1-1 mit Bittencourt und Modeste in der Spitze, legte dies aber ein paar Meter tiefer an als Hannover. 96 hielt zunächst die Außenverteidiger tief angebunden und konnte sich damit trotz des trägen Passspiels auch aus den vereinzelten Situationen befreien, in denen die Kölner höher aufrückten. Die beiden 96-Sechser positionierten sich seitlich neben den beiden Pressingspitzen, um von dort mit dem zurückfallenden Kiyotake und dem tief ankurbelnden Karaman in die Kölner Formation einzudringen. Die FC-Sechser agierten in diesen Situationen mannorientiert und rückten auf ihre Gegenspieler heraus. Wenn sich 96 dann aber aus diesen Situationen mit kurzen Pässen befreien konnte, wurde die sehr zentrumsorientierte Rolle des nominellen linken Flügelspielers Fossum und die Präsenz vom recht gut mitspielenden Wandstürmer Szalai ansatzweise gefährlich. In solchen Szenen konnte sich 96 auch nach Ballverlusten im Mittelfeld festsetzen, wenn Schmiedebach erfolgreich auf den zweiten Ball presste. 96 kam aus diesen Szenen heraus zu einigen Abschlüssen in der Anfangsphase und erspielte sich drei sehr gute Chancen durch Karaman (Vorlage Schmiedebach) und Szalai (Vorlage Kiyotake, Vorlage Fossum). Zu mehr kam es zum einen in der Folge nicht, weil Kiyotake im ballfordernden Zurückfallen zurückhaltender wurde und immer öfter im Sturmzentrum blieb. Dadurch hatte 96 dann kaum Anspielstationen im Mittelfeld, konnte das Herausrücken der Kölner Sechser nicht mehr umspielen und fand seltener die Verbindung ins zweite Drittel.

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Staffelungen bei Spielaufbau 96 vor der Kölner Umstellung in einer passiveren FC-Phase. Vor allem über die linke Hannover-Seite gute Übergänge möglich, rechts „nur“ nach Festsetzen bei einem gewonnen zweiten Ball.

Zum anderen verlor die Schaaf-Elf an Offensivkraft, weil Stöger nach rund der Hälfte der ersten Halbzeit umstellte: Köln presste jetzt etwas tiefer in einem 4-1-4-1 mit Bittencourt auf der linken Seite und Solo-Sechser Lehmann. Die beiden Achter Gerhardt und Vogt übernahmen jetzt das Herausrücken auf die 96-Sechser. Die dadurch geöffneten Räume konnte der FC mit der anderen Struktur jetzt besser schließen und stand kompakter. Die Unterzahl in der vordersten Pressingreihe war irrelevant geworden. Hannover kam jetzt kaum noch verlässlich vor den Kölner Strafraum und musste stattdessen ein paar Konteransätze überstehen. 96 hatte weiterhin mehr vom Ball, musste aber kurz vor dem Halbzeitpfiff noch das Gegentor hinnehmen. Dabei zeigte sich einerseits die neue Kölner Formation, andererseits die mannorientierte Spielweise der 96-Defensive: Aus dem Aufbau heraus spielte Köln flach auf den rechten Achter, der trotz Bewachung nicht an der Ablage auf Lehmann gehindert werden konnte. Szalais Rückwärtspressing ging ins Leere, Lehmanns flaches Anspiel in die Spitze durch das von den Mannorientierungen geöffnete Zentrum landete bei Modeste. Der Franzose wurde von Schulz aus der Kette heraus verfolgt, konnte aber ebenfalls nicht an der Ablage auf Gerhardt gehindert werden. Der Pass des jungen Kölners kam zu Risse, der auf der rechten Seite in den Rücken der Abwehr kam. Bittencourt musste den Querpass nur noch über die Linie drücken.

Erst keine, dann die simple Reaktion

Ohne eigene Anpassung an die neue Kölner Formation ging 96 in den zweiten Durchgang. Hannover prallte auch nach dem Wiederanpfiff vor allem an der guten Kompaktheit zwischen dem Kölner Mittelfeld und der Abwehr ab und kam weiterhin kaum noch ins Angriffsdrittel. Als Milosevic verletzungsbedingt vom Platz musste, stellte Hannover um. Almeida ersetzte ihn, Sané rückte in die Innenverteidigung zurück, Kiyotake spielte neben Schmiedebach hinter dem Zwei-Mann-Sturm Szalai/Almeida – Offensivpräsenz erhöhen, Tore schießen. Wenige Minuten später musste 96 dann aber das zweite Gegentor hinnehmen: Karaman war im Aufbau erneut tief positioniert, wurde aber von Hector überrascht und verlor kurz vor dem eigenen Strafraum den Ball. Köln schaltete schnell um, sodass Leonardo Bittencourt behaupten konnte, in einem Spiel genau so viele Tore erzielt zu haben wie in den gesamten eineinhalb Spielzeiten zuvor.

Um den Rückstand aufzuholen, gab es Altbewährtes zu sehen. Kiyotake und Schmiedebach versuchten sich vereinzelt daran, den Ball gegen die abwartenden Kölner in die gegnerische Hälfte zu tragen. Überwiegend griff Hannover aber auf den langen Ball in die Spitze zurück, von wo der Ball auf die einrückenden Außenspieler abgelegt werden sollte. Dazu wurde Felix Klaus für Fossum gebracht. Mit zunehmender und erfolgloser Fortdauer des Spiels wurde der Plan immer klarer: Das Mittelfeld überspielen, die Offensivpräsenz ausspielen, die Flanken des hinterlaufenden Sakai hereinspielen. Marcel Risse ließ sich auf die Höhe der Abwehr zurückfallen, sodass die Überzahl im Abwehrzentrum gewahrt bleiben konnte. Hannover kam zwar jetzt auch mit einigen wenigen Ablagen der Stürmer ins Angriffsdrittel, kam aber bis kurz vor Schluss nicht mehr zu Torchancen.

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