96 – Borussia Mönchengladbach 0:3

Nach der Länderspielpause empfing Hannover 96 den Tabellendritten aus Mönchengladbach zum nächsten Heimspiel.

In gewissem Ausmaß war in der Partie im Vorfeld ein Duell der Gegensätze zu erkennen: Auf der einen Seite die Borussia, die bisher eine ergebnistechnisch sehr konstante Saison spielt, ohne größere Verletzungssorgen auskommt (abgesehen vom erkrankten Sechser-Gott Kramer, herber Verlust), seit mittlerweile drei Jahren eine geradlinige spielerische Weiterentwicklung durchmacht, den Kader immer wieder punktuell verstärken konnte und vor allem durch perfekt harmonisierte Laufwege im Angriffsspiel und extrem flüssige gruppentaktische Bewegungen besticht. Auf der anderen Seite muss Hannover 96 – wie natürlich auch in diesem Heimspiel – immer wieder die Anfangself umbauen, vermisst mehrere potentielle Stammspieler aus dem stark umgebauten Kader schmerzlich, durchlebt das bereits gewohnte Auf und Ab in der Liga, ist (siehe Ausfälle) in der Konstanz nach wie vor auf der Suche nach dauerhaften spielerischen Mechanismen und experimentierte zuletzt vor allem in der Defensive mit verschiedenen (wenn auch sehr interessanten) taktischen Ansätzen. Dennoch trennten die beiden Kontrahenten vor dem Anpfiff lediglich drei Punkte in der Tabelle, sodass es das erklärte Ziel von 96 war, mit einem Heimsieg zur Spitzengruppe aufzuschließen. Selbst der Tatsache, dass beide Mannschaften oft mit veränderten Startelfen auftreten, liegt ein enormer Unterschied zugrunde: Gladbach rotiert absichtlich und verfügt auf einigen Positionen über Luxusprobleme, 96 hingegen ist immer wieder zum Umbauen gezwungen und diese ständigen Veränderungen sind Teil der derzeitigen Probleme im Ballbesitzspiel.
96 begann mit Weltmeister Ron-Robert Zieler im Tor, das links von Christian Pander, innen von Christan Schulz und Marcelo, sowie rechts von Hiroki Sakai in der Viererkette verteidigt wurde. Die Doppelsechs bildeten Ceyhun Gülselam und Manuel Schmiedebach, im rechten Mittelfeld begann nach seiner „Verbannung“ aus der Startelf Leo Bittencourt und links Hiroshi Kiyotake. Im Sturm der 4-4-2-Anfangsformation starteten Joselu und Jimmy Briand.

Die Gäste aus Gladbach begannen im gewohnten und mittlerweile perfektionierten 4-4-2 mit dem extrem flexiblen und beweglichen Sturmduo Raffael und Max Kruse. Auf dem linken Flügel begann Patrick Herrmann an Stelle von Thorgan Hazard oder Ibrahima Traore (siehe Luxusprobleme), rechts wurde André Hahn aufgestellt. Die Doppelsechs bildeten der diese Saison überraschend stabile Granit Xhaka und Havard Nordtveit. In der Abwehr begannen links Alvaro Dominguez, innen Martin Stranzl und Tony Jantschke sowie rechts Julian Korb vor Torwart Yann Sommer.

Grundformationen zu Beginn der ersten Halbzeit. Natürlich keine so krasse Vertikalstaffelung im Gladbacher Sturm, schon recht klar 4-4-2.

Die erste Halbzeit

Zu Beginn des Spiels versuchte 96, die Gladbacher recht früh und aggressiv zu stören, um einen ruhigen Spielaufbau, wie ihn die Gäste mittlerweile auch beherrschen, nicht entstehen zu lassen. Insbesondere Jimmy Briand lief den ballführenden Innenverteidiger und den Gladbacher Torwart immer wieder direkt und intensiv an, während der Rest der Mannschaft recht hoch stand und die übrigen Anspielstationen zustellte. So kamen die Borussen zwar nicht in die flüssigen Kombinationen, reagierten aber mit weit abkippenden Sechsern und kamen so in keine größeren Schwierigkeiten. 96 war in der Anfangsphase sehr stark darauf bedacht, die Gäste zu etwas riskanteren Pässen im Aufbau zu zwingen, diese abzufangen und schnell umzuschalten. Gladbach tat ihnen diesen Gefallen jedoch nur selten und befreite sich immer mal wieder recht gut aus dem aber auch nicht übermäßig hohen Druck.

Grundsätzlich agierte 96 gegen den Ball im auf Kompaktheit bedachten 4-4-2. Nach der Anfangsphase ließ die Intensität im Anlaufen etwas nach, sodass 96 zum gewohnten Mittelfeldpressing zurückkehrte. Die Stürmer ließen sich aber im Verlauf der Partie immer wieder dazu hinreißen, etwas zu hoch zu stehen, sodass das Zentrum immer mal wieder unbesetzt war und die Abstände zwischen Mittelfeld und Angriff zu groß wurden. Das Verschieben zum Ball erfolgte wie zuletzt immer, war in seiner Intensität, Konsequenz und Harmonie jedoch nicht so ausgeprägt wie das der Gäste. Gelegentlich lief Manuel Schmiedebach wie vor allem am Anfang der Saison gesehen einen tiefer stehenden Sechser des Gegners an, um das Zentrum im Spielaufbau nicht zu sehr öffnen zu lassen, ließ im Spielverlauf in dieser Hinsicht aber nach.
Im Ballbesitz staffelte sich 96 auch an Hand von aus den letzten Spielen bekannten Mustern. Auf der linken Seite rückte Hiroshi Kiyotake sehr weit ein, völlig unabhängig davon in welchem Spielfeldbereich sich der Ball aufhielt. Auf der gegenüberliegenden Seite orientierte sich auch Leo Bittencourt vermehrt ins Zentrum, war allerdings auch immer wieder mit linearen Läufen in die Tiefe unterwegs. Mit Joselus ebenfalls bekannter Tendenz zu einer halblinks hängenden Position wurde erneut versucht, über die linke Seite Kombinationsmöglichkeiten zu schaffen. Durch das Wegfallen eines offensivstarken, technisch beschlagenen Linksverteidigers konnte diese Strategie aber oft nicht bis ins letzte Drittel getragen werden, da die Gladbacher recht mannorientiert und extrem geschlossen verteidigten. Dynamische Impulse aus der Tiefe, um die Kombinationen im linken Halbraum fortzuführen, gingen von Christian Pander nicht aus, sodass immer wieder versucht wurde, aus dem Mittelfeld lange Bälle auf oder in den Lauf vom recht beweglichen Jimmy Briand zu spielen. Grundsätzlich war 96 jedoch logischerweise auf das Umschalten fokussiert, was vornehmlich über die rechte Seite mit den deutlich dynamischeren Spielern geschehen sollte. Die sich immer wieder mal bietenden Kontermöglichkeiten wurden jedoch auf verschiedenen Wegen zunichte gemacht: Mal wählten die Offensivakteure viel zu umständliche Aktionen (Versuch des Tunnels, nochmal auf einen nachrückenden Spieler ablegen, Warten auf einen hinterlaufenden Mitspieler…; vor allem Bittencourt erlebte mit seiner katastrophalen Entscheidungsfindung einen grausamen Rückfall in alte Zeiten), mal fehlte grundlegende Präzision selbst bei kurzen Pässen. Zudem spielte 96 bedingt durch das Gladbacher Spiel frühzeitig lange Bälle und suchte dabei vor allem Jimmy Briand, der die Anspiele einige Male sogar überraschend gut festmachen konnte. Doch das Nachrücken der Mitspieler war schlecht, sodass er mit dem Ball am Fuß keine Anbindung finden konnte. Zwar boten sich die Außenspieler an, doch ihr Nachrücken bestand auf Grund ihrer ohnehin eingerückten Positionierung aus einem Einrücken auf nahezu gleicher Höhe wie Briand, sodass kaum Raumgewinn zu verzeichnen war. Lediglich Ceyhun Gülselam gelang es das ein oder andere Mal mit seiner antizipativen und umsichtigen Orientierungsfähigkeit, als Anspielstation für Ablagen zu fungieren, fand in der Folge aber selbst nur selten Passwege in die Offensive. Aus dem tiefen Spielaufbau heraus kam 96 kaum zu gelungenen Aktionen. Die Formation war insgesamt viel zu gestreckt (sowohl vertikal, als auch horizontal), sodass auch die Passwege oft viel zu lang gerieten. Der Nachteil hierbei ist natürlich einerseits die höhere Fehleranfälligkeit und andererseits die Zeit, die der Ball bis zu seinem Ziel benötigt. Oft hatte Gladbach mit Ankommen des Spielgeräts wieder verschoben und verstellte jede Möglichkeit, nach vorne zu spielen oder konnte den langen Pass (egal ob hoch oder flach) schon auf seinem Weg abfangen. Das größte Problem in der ersten Halbzeit im Ballbesitz war jedoch die mangelnde Dynamik im Sechserraum, ein allerdings bereits bekanntes Problem von 96.

Problem vor allem nach dem Führungstor. Wo soll Zieler hinspielen? Zum Glück hat er oft das richtige getan.

Dies war jedoch durch das hervorragende Defensivspiel der Borussia bedingt. Grundsätzlich bediente sich Gladbach ähnlicher Mechanismen wie 96, führte sie jedoch deutlich harmonischer und intensiver durch. Ihr ballorientiertes 4-4-2 mit leichten Mannorientierungen gegen den Ball bot 96 oftmals keinerlei Lücken. Dabei presste Gladbach phasenweise deutlich früher als auf der anderen Seite Hannover und zwang 96 auch so immer wieder zu langen Bällen. Wie 96 auch suchten die Gäste nach Umschaltsituationen, die sie über ihre enorm schnellen und technisch starken Flügel auszuspielen versuchten. So war auch die taktische Ausrichtung von 96 mit eingerückten Flügelspielern sehr unpassend, was sich am ersten Gegentor zeigte: Nach einem Ballgewinn in der Abwehr vertändelte der eingerückte Bittencourt den Ball, seine Seite war somit sehr offen, Sakai alleine konnte die Gladbacher Flanke nicht mehr verhindern und Kruse köpfte nach einem nahezu automatisierten Kreuzen mit Raffael unhaltbar ein. Nach der Führung lenkten die Fohlen das Spiel, ohne den Ball zu besitzen im 4-2-2-2: Die beiden Stürmer hielten sich eher in den Halbräumen auf und verhinderten so frühe Anspiele auf die breit aufgefächerten Innenverteidiger wenn sie hochschieben wollten. Dahinter rückten beide Sechser weit auf und stellten immer wieder schnell und direkt Zugriff auf die Hannoverschen Sechser her, wenn diese sich fallen ließen um den Ball zu fordern. So war für Zieler oder die tiefer stehenden Innenverteidiger zwar immer der Pass ins Zentrum möglich, von dort ging es allerdings nicht weiter. In dieser Phase entwickelte 96 einfach zu wenig konstruktive Bewegung im Zentrum. So gelang es nur ein einziges Mal, dass sich ein Sechser diagonal fallen ließ, den Ball von Zieler erhielt, ihn gleich wieder zurück spielte, ein offensiv zentraler Spieler in den neben dem Gladbacher Sechser entstandenen Raum einlief und dort mit einem etwas längeren flachen Pass von Zieler bedient werden konnte. Das Ballbesitzspiel in der ersten Phase war von Seiten Hannovers zu statisch und behäbig, Gladbach stellte alle potentiell gefährlichen Wege zu und lauerte auf fehlerhafte Abspiele, um schnell umzuschalten. Auch die beiden 96-Stürmer zeigten sich in dieser Phase nach dem Führungstor viel zu selten als kurze Anspielstationen und fanden kaum Bindung zum Spiel.

Für die Gladbacher Stürmer auf der anderen Seite kann man dies keineswegs behaupten. Immer wieder hielt sich bei eigenem Ballbesitz mindestens einer der beiden in tieferen Bereichen auf um Kombinationen zu erleichtern oder Gegenspieler herauszuziehen. Generell zeigte sich die Offensivreihe der Gladbacher extrem flexibel in ihren Positionen. In der vordersten Reihe tauschten die beiden Stürmer immer wieder die Position mit einem der Flügelspieler, ohne dass dies die Angriffsmuster der Mannschaft beeinträchtigte. Die Laufwege waren wie bereits erwähnt vor allem bei Kontergelegenheiten extrem gut abgestimmt. Kaum zu verteidigen ist beispielsweise die hin und wieder zu beobachtende Situation, in der sich ein Stürmer in den ballfernen Halbraum fallen lässt, von da diagonal in die Tiefe startet und mit dem zweiten Stürmer oder einem eingerückten Flügelspieler kreuzt. In der ruhigeren Ballzirkulation kippte meist Xhaka recht weit ab und manchmal auch seitlich heraus und die Außenverteidiger schoben sehr weit auf. Doch dadurch, dass Nordtveit immer Kontakt zum Ballführenden hielt, hielt Gladbach seine Staffelungen nahezu immer bespielbar und brachte wegen der sehr gut abgestimmt zurückfallenden Stürmer konstant Anbindung in die Offensive. So fand Gladbach eine teilweise hervorragende Mischung aus Dynamik und Ruhe im eigenen Ballbesitz. Zu Torabschlüssen kamen sie dennoch vorrangig nach Umschaltsituationen.

Gladbach im Ballbesitz. So ähnlich zumindest. Ist aber eigentlich auch egal, das wichtigste und interessanteste passierte ja zwischen Nordtveit/Xhaka und ganz vorne. Grafisch schwer darzustellen.

Die erste Halbzeit war insgesamt geprägt von grundsätzlich ähnlichen Defensiv- und Offensivstrategien beider Mannschaften, die jedoch in Intensität, Abstimmung und Dynamik unterschiedlich ausgeprägt waren. 96 verteidigte gewohnt robust und weitgehend sicher, verschenkte aber einige Umschaltsituationen auf sehr dämliche Weise. Die Gladbacher waren insgesamt etwas planvoller im Ballbesitz und Umschalten, demonstrierten immer wieder ihre mittlerweile seit Jahren einstudierten Laufwege und waren letztlich auch effizienter. 96 spielte bei eigenem Ballbesitz zu träge und undynamisch. Zwar war die Absicht dahinter eindeutig, die Absicherung gegen die bekannte Gladbacher Konterstärke zu gewährleisten (was auch oft erfolgreich war), erkaufte sich diese Sicherheit jedoch mit einer zu offenen Staffelung und somit großer Fehleranfälligkeit im Passspiel. Dazu kamen noch katastrophale Entscheidungen und unerklärliche technische Fehler einzelner Spieler, sodass sowohl das Ballbesitzspiel, als auch das Kontern misslangen. Mit dem verdienten Rückstand ging es in die Pause.
Die zweite Halbzeit
Nur mit der Schwäche der Ersatzbank zu erklären betrat 96 personell unverändert den Platz zum zweiten Durchgang. Kiyotake agierte noch extremer eingerückt, sodass 96 quasi mit einem Zehner im 4-4-2 spielte. Bereits kurz vor dem Halbzeitpfiff hatte Tayfun Korkut Manuel Schmiedebach in einer Verletzungsunterbrechung angewiesen, stärker zwischen die beiden Innenverteidiger abzukippen, um den Spielaufbau durch das Zentrum zu erleichtern. Doch mangels produktiver Folgebewegungen verpuffte diese Maßnahme auch in der zweiten Halbzeit. Zwar besaß Zieler nun eine zusätzliche sichere Anspielstation, von dort war aber nach wie vor kaum Raumgewinn möglich. 96 verfiel nach wie vor früh auf lange Bälle, ohne konstruktiv nachzurücken und schlug viel zu früh völlig blödsinnige Flanken, ohne das Augenmerk auf den zweiten Ball zu legen.

Die Gladbacher ersetzten den verletzten Nordtveit mit Innenverteidiger Brouwers, sodass Jantschke neben Xhaka ins Mittelfeld rückte. Mit Beginn der zweiten Halbzeit störte Gladbach nicht mehr so früh wie noch im ersten Durchgang und stand insgesamt ein Stück tiefer. Hannover versuchte viel, um dagegen anzukommen, fand aber gegen den sehr disziplinierten Gladbacher Block kaum Durchkommen bzw. brach die Versuche mit sinnlosen Halbfeldflanken ab. Zudem spielte den Borussen in die Karten, früh in der zweiten Halbzeit ein Tor geschenkt zu bekommen. 96 löste sich mit Bittencourt eigentlich gut aus einem engen Bereich auf dem rechten Flügel, doch statt den Ball zum Mitspieler zu bringen, gab er ihn aus dem Zentrum an Patrick Herrmann. Schulz konnte zunächst reparieren, doch den folgenden Pass wollte Bittencourt auch nicht mehr haben, sodass Gladbach kontern durfte und Schulz zum taktischen Foul greifen musste. Den folgenden Freistoß versenkte Xhaka direkt. In der Folge konnten die Gäste noch mehr auf den Ball verzichten und schickten zudem weniger Spieler als zuvor in ihren Kontern in Richtung des 96-Tors.

Nach einer Stunde stellte Korkut mit einem Wechsel (Karaman für Gülselam) auf ein 4-4-2 mit nur einem Sechser um. Kiyotake musste sich nun nicht mehr fallen lassen, weil er ohnehin neben Schmiedebach agieren sollte und verlor so nun sämtliche Möglichkeiten, durch Bewegungen im Ballbesitz Räume zu öffnen (sowieso nicht so sein Ding). 96 war nach wie vor sehr bemüht, scheiterte aber immer wieder an mangelnden Anspielstationen (daher die vielen Rückpässe, eigentlich völlig logisch und richtig, aber der gemeine Stadionbesucher ist offenbar nicht an Logik interessiert) oder den zunehmenden technischen Fehlern und eklatanten Fehlpässen. Das Passspiel blieb phasenweise immer noch sehr weiträumig, doch nun boten sich für 96 immerhin einige Abschlusschancen aus dem Rückraum nach abgewehrten Flanken. Doch auch in diesen Situationen gewann die schlechte Entscheidungsfindung und zu umständliches Spiel im letzten Drittel Überhand, sodass nur noch zwei ordentliche Torchancen entstanden. Das dritte Tor fiel mit dem Schlusspfiff und war auch dementsprechend relevant.

Fazit

96 startete mit einer eher unpassenden, aber leider derzeit quasi alternativlosen taktischen Ausrichtung, schlug sich defensiv in der ersten Halbzeit allerdings wacker. Beide Mannschaften suchten nach Umschaltmöglichkeiten, Gladbach nutzte sie wegen ihrer deutlich höheren individuellen Klasse, vor allem aber wegen der bereits überschwänglich aber angemessen gelobten Abstimmung der Laufwege in der Offensive. 96 hingegen nutzte sie nicht, weil die Offensivakteure entweder zu umständlich agierten oder sehr schlechte Entscheidungen trafen. In den jeweiligen Ballzirkulationen wurden dann die Unterschiede zwischen einer gefestigten, seit Jahren nach einem festen Prinzip auftretenden Mannschaft mit hoher taktischer Qualität und Flexibilität (nicht 96) und einer während eines spielerischen Umbruchs von personellen Sorgen geplagten Mannschaft (96) sehr deutlich. Zudem zerstörten schlimme Fehlpässe in Folge einer schlechten Breitenstaffelung und technische Fehler formschwacher (Bittencourt, eventuell Schmiedebach, Pander sowieso) oder schlecht eingebundener (Kiyotake, teilweise Briand) die spielerisch ohnehin nicht berauschenden Ansätze im Spiel Hannovers. Im Umschalten stellte sich 96 vereinfacht gesagt zu dämlich an und im Spielaufbau war kaum Dynamik erkennbar. So bleibt am Ende eine der wohl taktisch und individuell schwächsten Leistungen in Tayfun Korkuts Amtszeit, die es einem der am homogensten und attraktivsten auftretenden Teams der Bundesliga nicht besonders schwer machte, einen verdienten Auswärtssieg einzufahren. Zumal der Spielverlauf den Gladbachern perfekt in den Plan passte – so war für Hannover 96 an diesem Samstag nichts zu holen.

Spieler des Spiels: Ron-Robert Zieler – immerhin einer…

Viele Spieler drängten sich nicht auf, zum (taktisch gesehen) besten Spieler des Spiels erwählt zu werden. Lediglich die Innenverteidiger mit ihrer Antizipation und Robustheit oder Hiroki Sakai allein wegen seiner Mischung aus Dynamik und Robustheit könnten von den Feldspielern noch lobend hervorgehoben werden. Doch am positivsten stach Ron-Robert Zieler mit seinem Passspiel im Aufbau in der ersten Halbzeit hervor. Als erste Station des tiefen Spielaufbaus hatte er einige schwierige Entscheidungen zu treffen, da sich zwar freie Spieler im Zentrum zeigten, diese sich jedoch situationsbedingt unterschiedlichen Herausforderungen gegenübergesehen hätten, wären sie an den Ball gekommen. So musste Zieler immer wieder antizipieren, welcher Spieler am wenigsten Probleme bekommen würde, und gleichzeitig versuchen, nicht nur Alibi-Pässe zu spielen und für Raumgewinn zu sorgen. So kam er zu einigen Aktionen weit vor seinem Tor und reagierte nahezu immer angemessen auf unterschiedliches Anlaufen der Gegenspieler (wann ins Dribbling gehen, wann bolzen, wann wen kurz anspielen). So konnte immerhin ein 96-Spieler am heutigen Tag zeigen, wozu er fähig ist.

Keine Kommentare

  • Hast du eigentlich eine Meinung zum Thema „Standards“?

    Ich hatte den Eindruck, man habe Kiyotake auch wegen seiner Standards geholt, aber es schießt immer Pander (wenn er auf dem Feld steht).

    Und früher war doch ein weiter Freistoß von Pander oder eine Ecke von Hannover immer ein Grund für Gefahr… wohingegen wir da zuletzt nicht viel sahen.

  • Hab ich bisher ehrlich gesagt in meiner Beobachtung ein bisschen vernachlässigt. Müsste ich nochmal angucken bzw. in Zukunft genauer drauf achten.
    Wo die HAZ gefährliche Ecken und Freistöße bei Pander gesehen haben will, ist mir aber auch schleierhaft (naja, die HAZ halt…). Bis auf vielleicht jeweils eine Ausnahme alle zu hoch, zu wenig Zug drin und zu vorhersehbar. Ich glaube das Hauptproblem liegt aber darin, dass die Stellung der Spieler bei Standards schon zu schlecht ist. Hab wie gesagt noch nicht genau genug drauf geachtet, aber gefühlt stehen sie alle schon vor der Ausführung zu nah am Tor und es gibt maximal einfaches Hinterlaufen. Und die Staffelung im Rückraum für die zweiten Bälle, die ja eigentlich die viel gefährlicheren und vielversprechenderen Möglichkeiten sind (ich stehe gar nicht auf den Großteil der Flanken oder hoch reingespielter Ecken), finde ich teilweise katastrophal. Kann mich jetzt an so gut wie keinen zweiten Ball nach einem Offensivstandard erinnern, den wir gewonnen hätten.
    Von daher sollte man finde ich definitiv Kiyotake mal machen lassen (alleine schon damit er solange Albornoz noch nicht fit ist mehr Aktionen hat, die beiden profitieren extrem voneinander finde ich), aber das alleine wird glaube ich noch nicht zu gesteigerter Gefährlichkeit führen. Man sollte finde ich auch mal Ecken vom Tor weg ausführen lassen…
    Also ich habe zwar eine Meinung zu dem Thema, aber ich glaube sie ist mangels genauer Beobachtung nicht so richtig fundiert. Siehst du da was grundlegend anders oder könnte das hinkommen?

  • Nee, sehe ich schon auch so. Weiß nicht recht, was sie da vorhaben, da vorne. Ball kurz vor den Fünfer, von der Strafraummitte reinlaufen, auf ein Wunder hoffen.

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