96 – VfL Wolfsburg 1:3

De Bruyne, Wolfsburgs Ekligkeit und ein interessanter Pressing-Kniff von Hecking machen 96 das Leben schwer. Vor allem aber macht 96 mit weitgehender Einfallslosigkeit den Wolfsburgern das Leben-schwer-Machen leicht. Für das Ergebnis war aus Wolfsburger Sicht die brutale Effektivität auch nicht ganz unentscheidend. So bleibt am Ende des Spiels nur die einzig naheliegende Erkenntnis: „Korkutz, nimm den Günselami endlich raus!“

Grundformationen. 4-2-3-1 gegen 4-2-3-1 halt. Aber es geht um die Pfeile, da war de Bruyne schon recht gut…

Die erste Halbzeit

Von Beginn an bot sich ein auf die taktischen Abläufe bezogen äußerst nicht-überraschendes Spiel. 96 begann wie so oft sehr druckvoll und ambitioniert. Doch nach bereits drei Minuten konnte Wolfsburg noch viel ausgeprägter das machen, was sie am liebsten tun und am besten können: dem Gegner das Spiel kaputt machen. Nach einem langen Ball von Benaglio in eine kompakte 96-Formation bestand keinerlei Gefahr. Gülselam brachte sich für das Kopfballduell gegen Ivica Olic in Stellung und besaß keine ganz schlechten Chancen, es auch zu gewinnen. Doch Marcelo war dieser vorhersehbare Ablauf wohl zu langweilig, also rückte er diagonal auf, behinderte Gülselam beim Duell, Perisic leitete den Ball weiter auf Kevin de Bruyne, der von genau dort in Richtung Tor starten konnte, wo in einer weniger verrückten Welt ein gewisser Marcelo Guedes Filho positioniert wäre. 1:0 für Wolfsburg mit dem ersten Torschuss, besser hätte es für Dieter Hecking und seine Mannschaft nicht laufen können.

In der Folge presste Wolfsburg zwar wie gewohnt hoch und dabei mit vor allem im zentralen Mittelfeld sehr ausgeprägten Mannorientierungen gegen den Hannoverschen Spielaufbau, war dabei aber nicht mehr ganz so präsent und druckvoll wie noch in den wenigen Szenen vor dem Führungstor. Je nach Staffelung Hannovers ergaben sich auf Wolfsburger Seite eben durch die Mannorientierungen bedingt unterschiedliche Formationen. Mal trat Wolfsburg im (manchmal hohen) Mittelfeldpressing in 4-1-4-1-Staffelungen auf, seltener störten sie die Aufbauspieler Hannovers deutlich höher in einem leicht asymmetrischen 4-3-3 mit Kevin de Bruyne und Ivan Perisic etwas versetzt hinter Ivica Olic. In der Regel aber formierten sich die Wolfsburger in einem recht klassischen 4-4-2 gegen den Ball mit de Bruyne neben Olic (leicht versetzt). Dabei ließen sie einige Male jedoch eine deutliche Lücke zwischen einander, um den Pass auf einen abkippenden Sechser (meistens Gülselam) zu provozieren. Kam dieser, offenbarte sich die angedeutete Pressingfalle dieser beiden und sie störten den nun Ballführenden sofort, um einen Ballverlust zu erzwingen. Das eigentlich interessante an dieser Herangehensweise waren jedoch die Details: Luiz Gustavo sicherte meistens ohne Mannorientierung die vor ihm pressende Formation ab und balancierte so die unterschiedlichen Formationen seiner Mitspieler. Er besaß dabei jedoch auch einige Male die Option, je nach Situation aus dem von ihm abgedeckten (eher ballfernen) Raum herauszurücken und den sich anbahnenden Spielzug Hannovers im Keim zu ersticken. Noch interessanter war jedoch die Rolle der Wolfsburger Flügelspieler. In der eher abwartenden 4-4-2-Formation orientierten sie sich nicht an den 96-Außenverteidgern, wie es eigentlich zu erwarten gewesen wäre, sondern ließen diese eher frei. Kam nun der Ball im Spielaufbau zu Albornoz oder Sakai, rückten sie aus ihrer lauernden Position heraus und pressten den Gegenspieler gemeinsam mit dem in der Nähe stehenden Stürmer. So wurde das 96-Spiel auf den Flügel geleitet und dort bereits sehr früh unterbunden. Vor allem Ivan Perisic auf der linken Seite zeigte dieses Verhalten gegen Hiroki Sakai ein ums andere Mal, Vierinha auf der anderen Seite war dabei nicht ganz so auffällig, aber verfolgte diese Herangehensweise ebenfalls.

Zwischen Olic und de Bruyne stirbt der Spielaufbau, wenn er da auf den abkippenden Gülselam gespielt wird. Nicht wegen Gülselam (muss man ja leider extra dazu sagen), sondern wegen Guilavogui, Olic und de Bruyne. Spielt Marcelo aber den Pass auf Sakai, greift Perisic sofort zu, de Bruyne presst ebenfalls, Gustavo schiebt eventuell herüber und Vierinha geht noch stärker ins Zentrum. Kurz: Spielverderber.

Auch die Wolfsburger Innenverteidiger agierten mannorientiert und verfolgten den immer wieder zurückfallenden Stindl und den gewohnt horizontal ausweichenden Joselu aus ihrer Position in der Kette heraus, ohne dabei die Ordnung ihrer Mannschaft völlig durcheinander zu bringen. Zahlreiche taktische Fouls um die Mittellinie herum sowie eine vor allem auf den Flügeln gute Kompaktheit gegen den Ball trugen neben all den genannten Faktoren dazu bei, dass Wolfsburg sehr stabil auftrat. Sie waren insgesamt jedoch auch etwas tiefer positioniert als in bisherigen Spielen, was wohl eine direkte Folge der frühen Führung war. Sie gingen darüber hinaus eher wenig Risiko im Umschalten und teilweise auch im eigenen Ballbesitz, sodass der Spielverlauf und die folgende taktische Reaktion der Gäste wesentlich dazu beitrug, dass die erste Halbzeit von eher wenigen Höhepunkten geprägt war.

„Warum kann man so einen Angriff denn nicht mal einfach bis zum Tor durchspielen?!“ – ein nur wenig einsichtiger Stadionbesucher, nachdem Albornoz sich gegen den sinnlosen Vertikalpass und für die stabile Ballzirkulation entschied. Ja, warum wohl? Eigentlich eine ziemlich revolutionäre Idee, einfach mal den Ball nehmen und bis zum Tor durchspielen. Dass da noch keiner drauf gekommen ist… Lass es uns mal versuchen. Oh, ein Wolfsburger steht direkt bei unserem Mitspieler. Oh, da auch. Oh, schon wieder.

96 hatte im Spielaufbau logischerweise einige Probleme mit der sehr unangenehmen, auf Stabilität bedachten mannorientierten Spielweise der Wolfsburger. Das dargestellte Pressing auf den Flügeln, die nur scheinbar verfügbare Möglichkeit des Aufbaus durch den Sechserraum und vor allem die klaren Zuordnungen der Gäste zu ihren jeweiligen Gegenspielern führten zu vielen Rückpässen im Spielaufbau und ordentlich Gebolze. Das situativ auftretende Abkippen Gülselams wurde wie erwähnt durch Olic und de Bruyne, vor allem aber auch durch den ihn verfolgenden Guilavogui zu einer wenig vielversprechenden Option im Aufbau. Vor allem aber fehlten die Folgebewegungen der Mitspieler in einigen Situationen völlig, sodass Gülselam zwar gelegentlich von Zieler oder den Innenverteidigern angespielt wurde, danach aber über wenig Zeit und erst recht keine Anspielstationen verfügte und den Ball direkt wieder zurück spielen musste. Generell kamen aus dem Mittelfeld gar nicht so wenige vertikale, ballorientierte Läufe von Seiten Hannovers, doch sie krankten an dem bereits genannten Fehlen produktiver Reaktionen darauf. Lars Stindl zeigte sich deutlich aktiver im Ballfordern als noch zuletzt, gelegentlich bot sich auch Hiroshi Kiyotake als kurze Anspielstation aus seiner höheren Position kommend an. Doch da diesen eigentlich guten vertikalen Bewegungen nahezu keine horizontalen (oder, Traum: diagonalen) Läufe der Mitspieler folgten, verpuffte dieser Ansatz. Zudem waren einige dieser anbietenden Läufe auch einfach zu früh angesetzt (und somit quasi sinnlos), zu eindimensional oder zu langsam. So konnten die jeweiligen Spieler einfach von ihren Gegenspielern verfolgt werden (denn sie taten es ja – Buzzword bei Wolfsburg-Spielen – mannorientiert), die Staffelungen für mögliche Kombinationen wurden aus 96-Sicht eher schlechter und das Zugriffspotential der Wolfsburger verschob sich im Gegenzug eher noch weiter in die Hannoversche Hälfte. Gelegentlich schaffte 96 dennoch nach ein paar längeren Verlagerungen Durchbrüche auf dem zuvor ballfernen Flügel, die Flanken waren jedoch in der Regel nicht so gefährlich, wie sie schienen (abgesehen davon, dass Flanken generell ohnehin eher unproduktiv sind). Nichtsdestotrotz kam Hannover vor allem dann zu guten Aktionen vor dem Tor, wenn der eingerückte Kiyotake in genau die engen Situationen gebracht wurde, die er so nötig hat. Lars Stindl und Joselu bildeten in einigen Situationen gewissermaßen ein Bewegungs-Pärchen und orientierten sich mit geringem Abstand auf Kiyotakes Seite, sodass dieser auf engem Raum dennoch gute Anbindung finden konnte und 96 zumindest ansatzweise ordentliche Kombinationen im letzten Drittel zeigen konnte. Zusammen mit einigen nicht ungefährlichen Ecken und Freistößen erarbeitete sich 96 so in der ersten Halbzeit ein deutliches Chancenplus, lag aber trotzdem fast die gesamten ersten 45 Minuten zurück.

Gegen den Ball agierte 96 wie in den letzten Wochen immer wieder gesehen recht hoch in einem 4-4-2 mit Lars Stindl neben Joselu. Diese beiden isolierten den gegnerischen Sechserraum, in den Luiz Gustavo in von der WM bekannter, unproduktiver Weise abkippte. Bei diesen Abkippbewegungen wurde er jedoch von Manuel Schmiedebach (nur ein oder zwei Mal übernahm Gülselam diese Rolle) zugriffsorientiert (na gut, 96 darf auch mal: mannorientiert) aus der kompakten Formation heraus verfolgt, sodass auch das Spiel der Wölfe auf den Flügel kommen sollte. Dort presste 96 gewohnt intensiv und druckvoll vor einer erneut hoch stehenden Verteidigung. Zudem bestätigten sich die in den letzten Partien immer mal wieder aufgeblitzten vielversprechenden Ansätze eines durchaus effektiven und recht intensiven Gegenpressings nach Ballverlusten in höheren Zonen, sodass die zu befürchtenden Wolfsburger Konter auch nicht wirklich gefährlich wurden.

Wolfsburg agierte im eigenen Ballbesitz mit einer recht auffälligen Flexibilität in der vordersten Reihe, de Bruyne war sehr präsent und beweglich, Perisic und Vierinha tauschten die Seiten und Olic kam immer wieder aus der Tiefe oder wich auf den linken Flügel aus. Am effektivsten waren aus Wolfsburger Sicht die Synergien, die sich ergaben, wenn einer der zuvor zurückgefallenen Spieler diagonal nachstieß und den Laufweg des ballführenden Mitspielers andeutungsweise kreuzte. Dadurch wurde wiederum der Raum für einen einrückenden Flügelspieler geöffnet, der damit wieder auch den Passweg in den Rückraum erschloss. Grundsätzlich achteten die beiden Flügelspieler jedoch immer wieder darauf, die Breite des Spielfeldes voll auszunutzen und nach einer wie beschrieben durchgeführten Abfolge von Laufwegen zur Verlagerung bereit zu stehen. Im Ansatz zwar gefährlich, scheiterten die Wolfsburger jedoch an der disziplinierten Arbeit gegen den Ball durch 96 und ging wie bereits erwähnt ohnehin nicht das größte Risiko im Ballbesitz nach der Führung. Insgesamt blieb die Mannschaft von Dieter Hecking somit aus dem Spiel heraus eher ungefährlich. Wenn doch hatten die Angriffe ihren Ursprung meistens in den zahlreichen gewonnenen zweiten Bällen oder in recht unspektakulären Flügelangriffen.

Nach etwa 30 eher problematischen Minuten für 96 gegen die Wolfsburger Stabilität und ohne größere Ideen im Spielaufbau versuchte sich die Mannschaft im Ballbesitz wieder etwas besser, sprich wie zuletzt auf Überladungen ausgerichtet, zu staffeln. Dazu gehörte auch, dass Jimmy Briand immer öfter auf dem linken Flügel anzutreffen war. Aus dieser leichten Umstellung heraus entsprangen sofort ein paar gefährliche Aktionen mit dem zum Tor ziehenden Franzosen, auch das Ausgleichstor fand seinen Ursprung auf doppelte Weise im links positionierten Briand.

Die erste Halbzeit war alles in allem eine äußerst verkrampfte aus Sicht von 96, weil die Wolfsburger jeden Ansatz des Spielaufbaus zerstörten und 96 die – durchaus vorhandenen – besseren Lösungsmöglichkeiten nicht zu nutzen wusste. Sollte die etwas gleichmäßigere Verteilung der Spielanteile (sprich: deutlich weniger Überladungen) und die „harmonischere“ Staffelung im Ballbesitz der Versuch einer spielerischen Weiterentwicklung sein, ist dieser durchaus zu begrüßen. Gegen Wolfsburg ist das allerdings keine ganz brillante Idee, wie sich auch insbesondere in der ersten halben Stunde (und auch noch danach) zeigte. Wolfsburg verwickelte 96 in viele direkte Duelle, die sie auf Grund ihrer höheren individuellen Qualität auch oft gewannen, und unterbrach konsequent die aufkommenden Ansätze eines Spielrhythmus‘. Trotz der einigermaßen guten Ansätze im Ballbesitz der Wolfsburger stand 96 ebenfalls gut, war aber in der Vorwärtsbewegung bemüht, aber zu schlicht.

Die zweite Halbzeit

Ohne größere Änderungen ging es in den zweiten Durchgang – schön wäre es gewesen, so etwas zu schreiben. Doch von Beginn an drängte Wolfsburg die Gastgeber in die eigene Hälfte. Durch das nun ein gutes Stück höhere Pressing der Wölfe verlagerten sich auch ihre Ballgewinne weiter nach vorne und 96 konnte sich in der Anfangsphase der zweiten Halbzeit kaum noch befreien. Dabei setzten die Gäste auch nach wie vor auf eine recht hohe Präsenz im Sturm, noch mehr als in der ersten Halbzeit fokussierten sie jedoch die Breite als wichtigen Bestandteil ihres Spiels. Sie zogen das Spiel in die Breite und waren um recht direktes Spiel in die Tiefe bemüht, was 96 auf der anderen Seite kaum Raum zur Befreiung gab. Die beiden Sechser (hauptsächlich Guilavogui) stachen zudem mit energischen Aktionen für viele gewonnene zweite Bälle, sodass sie 96 in der eigenen Hälfte halten konnten. Nach etwa einer Viertelstunde besann sich Hannover jedoch wieder auf das bisher erfolgversprechende Rezept engerer Staffelungen im eigenen Ballbesitz und zeigte noch den ein oder anderen ganz hübschen Ansatz. Die Befreiung aus dem Wolfsburger Druck gelang hauptsächlich durch lange Bälle auf Joselu und jetzt etwas riskanter aufrückende Außenverteidiger, sodass diese langen Zuspiele in einen besseren Rahmen gebracht werden konnten. Zur besten Chance der zweiten Halbzeit kam dann Lars Stindl nach einer sehr schönen Kombination mit Joselu, Schmiedebach und vor allem Kiyotake. In einer sehr druckvollen Phase durch 96 (mit allerdings auch nur zwei guten Chancen und ansonsten eher ungefährlichen Aktionen) brachte Korkut mit Leo Bittencourt und Edgar Prib zwei neue Flügelspieler für den vor allem in der Rückwärtsbewegung immer schwächer werdenden Briand und Kiyotake. Doch die kurzzeitige Hoffnung eines Taktik-Freundes auf inverse Flügelbesetzung verpuffte schnell, Bittencourt ging nach rechts und Prib nach links. Sehr bald nach diesem Wechsel nutzte Wolfsburg jedoch die zweite richtige Chance des Spiels zur erneuten Führung. Ein recht sinnloses Herausrücken von Miiko Albornoz nutzte Wolfsburg zum Ballgewinn und verlagerte das Spiel schnell auf den am linken Flügel breit stehenden Perisic, dessen Flanke der ebenfalls gerade zuvor eingewechselte Dost von Schulz recht unbedrängt einköpfen konnte.

Wenige Minuten später brachte Tayfun Korkut mit Artur Sobiech für Ceyhun Gülselam einen zweiten Stürmer, die Formation Hannovers danach war so etwas wie eine Raute, die keine Raute war. Edgar Prib trat links etwas tiefer auf als Leo Bittencourt rechts, Lars Stindl positionierte sich etwas tiefer als zuvor, aber auch nicht auf einer Höhe mit dem nun einzigen richtigen Sechser Manuel Schmiedebach. Problematisch an dieser Umstellung war jedoch, dass die Angriffsstruktur Hannovers nun noch eindimensionaler und gewissermaßen flacher wurde. Das Ballbesitzspiel war nun sehr flügellastig und auf lange Bälle ausgelegt, was besonders dann wenig ertragreich wurde, als Sobiech von seiner sehr passenden ausweichenden Position halbrechts in eine klassischere Rolle links neben Joselu wechselte. Wolfsburg stellte leicht um, de Bruyne hatte sich genug aufgerieben und tauschte mit Vierinha die Position, sodass letzterer nun neben/ hinter Olic anzutreffen war. Mit der Führung im Rücken trat Wolfsburg wieder deutlich konterfokussierter auf und überließ Hannover weitgehend den Ball. 96 fiel jedoch immer noch nichts Gutes gegen die nach wie vor stabilen, aber in ihrer Mannorientiertheit nicht mehr ganz so konsequenten Wolfsburger ein, die erneut mit einem Flügelangriff zum 3:1-Schlusspunkt durch den ebenfalls eingewechselten Arnold kamen.Fazit

Gegen die Wolfsburger Spielweise hätte es ein paar Ansätze im Spielaufbau gegeben, doch 96 verfolgte sie nicht konsequent genug und ließ mit dem Ball oft das nötige Tempo und die Ideen vermissen. Wolfsburg zog sich nach dem sehr frühen, sehr unnötigen Tor deutlich zurück und überließ 96 zwar den Ball, aber nicht zwangsläufig das Spiel. Zwar kam 96 zu ein paar Chancen, allzu hoch war die Qualität der Abschlüsse jedoch nicht immer. Dennoch wurde der, wenn auch wenig ertragreiche oder kreative, Aufwand Hannovers quasi mit dem Halbzeitpfiff belohnt. Im zweiten Durchgang drückte Wolfsburg 96 hinten rein und korrigierte die Torschussstatistik ein wenig. 96 kam offensiv danach nicht über ein paar gute Aktionen hinaus, vergab dabei die Möglichkeit zur Führung und fing sich zwei in der Entstehung vermeidbare, aber durch die Wolfsburger (breite Position der Außen) gut vorbereitete und genutzte Gegentore. Letztlich setzte sich die höhere individuelle Klasse durch. Dennoch ist erfreulich, dass 96 zum wiederholten Mal gegen deutlich besser besetzte und höher einzuschätzende Gegner in Phasen des Spiels die mangelnde Qualität durch geschlossenes Auftreten und ein paar gute Ansätze von Kombinationen mithalten kann. Ein Unentschieden wäre durchaus im Bereich des Möglichen gewesen, obwohl 96 kein allzu gutes Spiel machte. Es bleibt also das gleiche festzuhalten wie nach der Niederlage gegen Leverkusen: die Substanz ist da.

Spieler des Spiels: Hiroshi Kiyotake – außen nicht verschenkt

Manuel Schmiedebach war mit seiner aufsässigen Art und seinen dynamischen Läufen in den gegnerischen Sechserraum oder seinem diagonalen Aufrücken auf den Flügel zwar ein wichtiger Faktor gegen die Wolfsburger, jedoch traf er einige schlechte Entscheidungen in Zweikämpfen und im Umschalten. Ceyhun Gülselam war oft gut, hatte aber auch wie schon des Öfteren ein paar unglückliche einzelne Aktionen und konnte seine wichtigsten Eigenschaften nicht so oft einbringen wie in anderen Begegnungen. Auf Grund einiger sehr guter Aktionen in Folge seiner einrückenden Läufe im Zusammenspiel mit Lars Stindl, Joselu und Miiko Albornoz fällt daher die Wahl zum taktisch gesehen besten 96-Spieler auf Hiroshi Kiyotake. Seine Interpretation der Rolle als linker Flügelspieler passt in gewissen Phasen sehr gut zu Miiko Albornoz hinter ihm (nicht in jeder Spielsituation, zum Beispiel nur bedingt im Umschalten, aber vor allem in schnellen Angriffen aus einer etwas ruhigeren Aufbausituation) und wusste heute auch durch gut abgestimmte kreuzende Laufwege mit Lars Stindl zu überzeugen. Seine nicht-klassische Rolle passte zudem deutlich besser zur Wolfsburger Spielweise als man es in der Schlussphase bei Edgar Prib sehen konnte, hätte aber mannschaftlich gesehen noch ein gutes Stück besser eingebunden werden können. Dennoch war Kiyotake an einigen guten Situationen für 96 beteiligt und brachte auch ein paar Mal sehr vielversprechende Diagonalität ins Spiel, mit der er seine Defizite in Sachen Schnelligkeit ganz gut überspielen konnte. Er ist also definitiv nicht wie oft behauptet auf der linken Seite verschwendet, sondern vielmehr passt die derzeitige Anlage seiner Rolle sogar besser zu ihm, als dass er eine Stindl-ähnliche Funktion im zentralen Mittelfeld erfüllen könnte.

13 Kommentare

  • Ich sehe Fortschritte. Ich denke in der Rückrunde werden wir eine deutlich konstantere und logischerweise eingespieltere Mannschaft sehen. Gegen Bremen wünsche ich mir aber jetzt doch endlich wieder mal einen Sieg. Ich habe schon Pipi in den Augen, weil mir unser Offensivspiel gefällt aber wir hinten die Dinger reinlassen.

  • Sehr gute Analyse, auch sehr viel nachvollziehbarer als die von SV, die diesmal eher oberflächlich war.

  • Dann war das hier meine letzte Analyse. Ein höheres Lob kann ich mir nicht vorstellen, also wird die Rote Taktiktafel mit sofortiger Wirkung eingestellt. 😉
    Vielen Dank, aber Herr Maric hätte nicht vergessen, dass das Kopfballduell vor dem 0:1 Gülselam-Olic und nicht Gülselam-Perisic war und er hätte nicht Briand statt Joselu (ist auch viel logischer, was sollte Briand da machen…) in den schönen Angriff vor der dicken Stindl-Chance geschrieben. Vor allem aber sind die Spielverlagerer nicht so betriebsblind. Ich war richtig schockiert, als ich vorhin die Sportschau gesehen habe: Ich war felsenfest davon überzeugt, dass Wolfsburg in weiß gespielt hat. Schon das zweite Mal, dass ich während des Spiels nicht mitgekriegt habe, in welchen Trikots die Gegner aufgelaufen sind…

  • Ja, obwohl ich es gestern teilweise ein bisschen stagnativ fand. Aber es ist ja absolut nicht überraschend, dass eine generelle Konstanz in den verschiedenen Spielphasen noch nicht gegeben sein kann. In der Defensive machen wir meistens keine groben gruppentaktischen Fehler, aber kriegen trotzdem leichte Dinger… Bremen wird aber in der Tat nicht unwichtig.

  • Jetzt ist ja gerade das Gülselambashing so pauschalisiert gesagt in aller Munde. Da finde ich es erfrischen, wie ihr da euch nicht beirren lasst und euch treu bleibt und euch nicht beeinflussen lasst und fair beurteilt. Ja, Gülselam hatte schon schwache Spiele. Die hatten andere aber auch. Wenn ich nur daran denke. Erst wurde Kiyotake als Flop betitelt, dann wurde gesagt, ja ok der hat mal ein gutes Spiel gemacht aber auf Links kann er nix, und jetzt sind viele froh, dass Korkut daran festhielt ihn auf links zu belassen, da auch Stindl in richtig guter Form auf seiner Position in der Mitte ist.

    Ich finde einfach schade, dass die Spiele immer nur so einseitig, ja irgendwie unkonzentriert geschaut werden. Das ist überspitzt formuliert wie wenn ein Kramer hier und da schön am Ball zaubert und nen schönen Pass spielt aber ansonsten ohne Ball viele Fehler macht. Das sehen sie dann nicht, wenn aber ein technisch limitierter Spieler dann den einen Kopfball im Missverständnis mit Marcelo nicht gescheit ausführt und das zum GEgentor führt, dann hat man seinen Sündenbock. Oder wenn ein 6er pennt und der andere nur noch mit einem Foul das ausbügeln kann, dann wird gesagt, der Gülse ist ein Holzfäller nix weiter. Einfach schade.

  • Haha! Aber wen interessieren die Trikots von Wolfsburg?

    Zur Analyse von RM:

    „Vereinzelt konnten dann schnelle Mittelfeldkombinationen und kreuzende Bewegungen der eng agierenden Offensivspieler für Präsenz und Raumgewinn sorgen, aber insgesamt gab es nur wenige Chancen für Hannover. Dennoch waren sie spielbestimmend und in der Ballzirkulation (etwas über 55% in dieser Phase) stabil, schoben konstant vor und ließen wenig zu gegen passivere Wölfe, die in der Offensive auch weniger Spieler nutzten. Hannover war dadurch defensiv ziemlich gut in dieser Phase und es entwickelte sich ein vom Rhythmus her eher schwaches, träges und weniger intensives Spiel.“

    Das habe ich ganz anders gesehen: Klar konnte 96 kommen, weil Wolfsburg mit der Führung passiver wurde, aber 96 hat Wolfsburg schon ziemlich unter Druck gesetzt: WOB hatte ja in der erste Hälfte nach dem Tor und einem Schüsschen später gar keinen richtigen Angriff mehr, sehr oft scheiterte der Spielaufbau und es ging zurück in Richtung Tor, wo 96 zu mehr Abschlüssen kam (13!) als sie sonst in einem ganzen Spiel haben. Ein Wolfsburger Freunde sagte, er hätte sich die ganze Zeit gefürchtet und gehofft, dass 96 bei der Intensität overpaced und in der 2. Hälfte abbaut.

  • „Wolfsburg verwickelte 96 in viele direkte Duelle, die sie auf Grund ihrer höheren individuellen Qualität auch oft gewannen, und unterbrach konsequent die aufkommenden Ansätze eines Spielrhythmus‘.“

    Hatte 96 in der Phase nicht 70% gewonnene Zweikämpfe?

  • Ich arbeite da seit ein paar Tagen an was, angesichts der aktuellen Stimmungslage werde ich wohl auf ein bisschen Schlaf verzichten und hoffentlich am Dienstag (abend) was veröffentlichen. Nicht, dass es was bringen würde, aber nichts tun bringt ja auch nix…

  • Ist das so? Ich habe im Stadion ja diese Einblendungen nicht. Ich habe nur nach dem Spiel gesehen, dass 96 51,1% gewonnen hat, das kam vom Gefühl her auch ungefähr hin. Aber ich meinte mit diesem Abschnitt auch ganz besonders eine Phase zwischen der 15. und 25. Minute (?), in dem es auch zunehmend unruhig wurde. Da war 96 zu unverbunden und aus diesen offenen Stellungen war es dann für Wolfsburg nicht so schwer, die Zweikämpfe zu gewinnen, weil sie ja sowieso die ganze Zeit am Mann waren. Zumindest war das mein Eindruck. Wenn der falsch gewesen sein sollte, muss ich nächstes Mal wohl genauer hingucken.

  • „aber 96 hat Wolfsburg schon ziemlich unter Druck gesetzt: WOB hatte ja in der erste Hälfte nach dem Tor und einem Schüsschen später gar keinen richtigen Angriff mehr, sehr oft scheiterte der Spielaufbau und es ging zurück in Richtung Tor“
    Ja, aber das meint RM (habe ich ja auch irgendwo angemerkt mit weniger Risiko im Umschalten und Ballbesitz) ja wenn er schreibt: „…[Hannover war] spielbestimmend und in der Ballzirkulation (etwas über 55% in dieser Phase) stabil, schoben konstant vor und ließen wenig zu gegen passivere Wölfe, die in der Offensive auch weniger Spieler nutzten. Hannover war dadurch defensiv ziemlich gut in dieser Phase(…)“. Klar war 96 optisch überlegen und sehr bemüht, mir war das aber teilweise etwas zu aktionistisch, zwar intensiv aber nicht immer produktiv, immer mal wieder an Wolfsburg abgeprallt und so weiter. Und die Chancenqualität war teilweise nicht soo hoch würde ich sagen (diverse Kopfbälle, die beiden Freistöße, etc.). Der Ausgleich war dann sehr leistungsgerecht, aber einen besonders großen Kontrollverlust habe ich da bei Wolfsburg nicht gesehen. Aber ich kann mich auch irren (bekanntlich „deutlich weniger kompetent als spielverlagerung.de“), deine Sicht ist auf jeden Fall auch nachvollziehbar und begründbar.

  • Nee, Chancenqualität war mau, stimmt schon. Aber Kontrolle durch Wolfsburg war das auch nicht — bei RM liest es sich, als habe man sich zurückgezogen und „Ball und Gegner laufen lassen“, aber da war bei WOB viel Panik im Spiel, viele Bälle, die nur knapp nicht gefährlich wurden.

  • Die Zahl stammt aus der 30. oder 35., da hat der Sky-Moderator das eingeworfen.

  • Ok, danke. Das war ja kurz nach Beginn der Phase, in der es wieder insgesamt etwas besser ging. Trotzdem überrascht mich der Wert ein bisschen, hätte ich so hoch zu einem so frühen Zeitpunkt eher nicht vermutet. Wobei 96 insgesamt schon relativ zweikampfstark ist, Gülselam hat ja auch als erst zweiter Spieler in dieser Saison sogar ein Kopfballduell gegen Marcelo gewonnen…

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